In unserer Welt stehen wir tagtäglich im Beruf, der Familie, verschiedenen Freizeitaktivitäten, durch Zeitgründe oder Leistungsdenken unter großem (Erwartungs-) Druck. Vor Gott darf ich all das, was mich täglich einschränkt und in ein Schema presst, alle „nötigen“ Masken meines Lebens, jegliche Rolle, die ich so oft spielen muss, vergessen. Vor ihm brauche ich nicht Theaterspielen, mich besser, fröhlicher, perfekter oder moderner darstellen, als ich (augenblicklich) bin, zugleich aber auch nichts von mir abwerten.
Das feiern wir im Bußakt. Vor dem liebevoll mich anblickenden Gott darf ich so sein, wie ich bin, bei ihm zur Ruhe kommen. Mit allem, was mich ausmacht, stehe ich nun vor ihm. Vor ihm darf und kann ich alles Großartige, das in mir steckt, dankbar zeigen, ohne dass ich gleich unter Verdacht gerate, eingebildet zu sein. Zugleich kann ich aber auch auf die Seiten blicken, die mich belasten, selbst Verwundungen, Grenzen, Fehler und Schuld haben Platz. Vor ihm brauche ich selbst das nicht zu verstecken. Und das tun wir bewusst im Gottesdienst alle gemeinsam: Keine/r ist ausgenommen, besser als die anderen…
Daher ist der Bußakt auch sinnvollerweise mit einer Stille verbunden, wo alle echt das je Eigene vor Gott legen können: Ich darf die/der sein, die/der ich wirklich bin – ohne Beschönigung oder Selbstverleugnung. Zugleich kann ich – bevor wir zum gemeinsamen Mahl schreiten – „reinen Tisch“ machen, ich darf, wissend, dass sie bei ihm gut aufgehoben ist, in die Welt gesetzte Schuld bekennen und um Verzeihung bitten. In der Vergebungsbitte des Priesters wird mir diese Vergebung verbindlich zugesagt.
Oft entfällt der Bußakt, wenn ein großes Fest es nahelegt, direkt davor ein anderer Gottesdienst-Teil steht, wir uns mit einem Taufgedächtnis unserer Taufe erinnern, … – nicht die Vollständigkeit macht es aus, auch kein Aneinanderreihen von Riten (schon gar nicht Doppelungen), sondern das sinnvoll mit unserer Wirklichkeit vor Gott hintreten und sein Erbarmen (siehe oben) zu genießen!
Grundsätzlich zu beiden Riten: Der Eröffnungsteil soll – vor dem ersten Mess-Hauptteil, dem Wortgottesdienst – die Gemeinde sammeln und auf Gott ausrichten, beim „Ankommen“ helfen und ins Feiern einstimmen. Nicht sinnvoll ist’s, wenn er strikt durch die Aneinanderreihung aller nur möglichen Eröffnungsriten eine Überlast bekommt, schon gar nicht durch Doppelungen („Ne bis idem“ als Grundlinie der Liturgie: Nicht 2 x das Gleiche in der gleichen Feier). Also: Der Eröffnungsteil als Hilfe zum Ankommen bei Gott und feiernder Gemeinde; als Einstieg zum Genießen – dem sollen die verschiedenen Akte dienen…