Mit der Bitte „Kyrie eleison“ bzw. „Herr, erbarme dich (unser)“ – wurden in der Antike bereits vor Christi Geburt mächtige Herrscher angerufen und um Hilfe gebeten – beim festlichen Einzug in die Stadt wurde ihm das erwartungsvoll und zujubelnd entgegen gerufen.
Im Neuen Testament wird berichtet, dass sich viele Menschen an Jesus wenden und von ihm göttliche Hilfe erwarten. Als Jesus von den Toten aufersteht, begreifen die ersten Christen und die ersten christlichen Gemeinden, dass Jesus der von Gott gesandte Herr über Leben und Tod ist. Ihnen wurde bewusst: Wer Christus nun mit „Kyrie“ anruft bzw. sich zu ihm als dem „Kyrios“ bekennt, bringt damit zum Ausdruck, dass Christus Herr der Welt und Herrscher über den Kosmos ist. Wer sich an Christus als „Kyrios“ wendet, dem Herrn, duldet keine andere weltliche oder geistliche Macht neben Christus.
Im sonntäglichen Gottesdienst singen und beten wir als Gemeinde mit dem Kyrie eleison zu Jesus Christus. Wir begrüßen ihn in unserer Mitte, wenden uns an den, der diese Welt und unser Leben geschaffen und erlöst hat. Wir erinnern uns daran, dass unser Leben in seiner Hand steht. Wir bekennen uns gemeinsam zu Christus und bringen unseren Glauben zum Ausdruck, dass er über alles Sichtbare und Unsichtbare regiert. Es ist ein Ruf der erlösten Christengemeinde, der dem österlich auferstandenen Gott gilt und ihn bittet, dass er sich uns liebevoll zuwendet.
Christus wird dabei dreimal angerufen, denn die Zahl drei ist in altes Symbol für die Dreieinigkeit Gottes. Wenn wir als Gemeinde das Kyrie eleison singen, werden wir auf unsichtbare Art und Weise mit den Christen verbunden, die vor uns gelebt haben und mit denen, die noch nach uns kommen werden.
Noch eine Facette: Das „Erbarmen“ Gottes hat im Hebräischen die gleiche Wort-Wurzel wie der „Mutterschoß“: Wir treten mit all dem, was uns ausmacht und wir mitbringen vor Gott und wenden uns dem mütterlichen Gott zu: Herr, erbarme Dich; Herr, umarme uns mit all unserer Wirklichkeit…!